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Blick über Barcelona

BÜRGER MACHEN STADT

Mitunter träumen Stadtplaner von früher. Als sie mit Achsen, Alleen und Parks die ideale Stadt aus einem Guss planten. So entstanden Athen und Rom, später Sankt Petersburg, Teile von Paris, Barcelona und viel später Brasilia. Doch mit dem schönen Neuen verschwand das Alte und mit ihm die Land- und Nachbarschaften, für viele Bewohner auch das Gefühl von Heimat.

Heute ruft ein Stadtumbau viele Beteiligte auf den Plan. Bewohner, Vereine und Initiativen oder auch die Gewerbetreibenden vor Ort mischen sich ein. Ein langer und sensibler Bürgerbeteiligungsprozess beginnt, der eigentlich weit über die „Bürger“-Beteiligung hinausgeht. Gruppen mit unterschiedlichsten Interessen arbeiten daran, den verschiedenen Lebensentwürfen einer heutigen Stadtgesellschaft gerecht zu werden. Ein Prozess voller Konflikte, Kompromisse und Diplomatie. Hier weiter lesen>

[Beitrag für Menschen, die Aktion Mensch, 2017]

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Foto: Eva Kröcher_ Wikimedia

HOFFEN AUF DEN HYPE

Wie der Architekt Bernhard Franken und der Unternehmer Steen Rothenberger versuchen, einen Stadtteil in Frankfurt am Main zu verändern, neue Freunde zu suchen und dabei eine vielleicht gute Nachbarschaft zu retten.

Frankfurt Alt-Sachsenhausen ist berüchtigt für durchzechte Nächte vor mittelalterlicher Kulisse. Früher mit ­Apfelwein, heute mit Bier, Tequila und Shishas. Das wäre eigentlich kein Problem. Doch während in anderen Stadtteilen die Immobilienpreise klettern, stagniert hier die Entwicklung. Alt-Sachsenhausen liegt zentrumsnah, direkt am Main, das Museumsufer um die Ecke, die EZB gegenüber, also eigentlich in bester Lage. Doch die Grund­stücke und Häuser sind marode, zu klein, zu verschnitten, die Gassen zu laut, zu prollig und zu schmutzig, als dass man hier wohnen wollte. Und für heutige Eigentümer lohnt sich kaum eine Investition. Ausgerechnet hier baute der Architekt Bernhard Franken auf einem kleinen Grundstück ein Wohn- und Atelierhaus, „Kleiner Ritter“ genannt. Dessen Detail- und Materialqualität scheint den Barackencharme der Nachbarschaft mit Übermut hinweg zu flöten. Und während Franken neben dem Gebäude steht, das Sakko lässig über die Schulter geworfen, das „Oberbayern“ im Rücken, mag man glauben, dass zwei oder drei kleine Architekturimplantate den Wandel begönnen. Hier weiter lesen>

[Beitrag für die Deutsche Bauzeitschrift, 2014]

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Foto: Aarp65_Wikimedia

LEITKULTUR

Thomas Geissert entwirft Orientierungssysteme – und wünscht sich, sie wären seltener nötig.

Am Servicepoint haben wir uns verabredet. Schließlich sei der Bahninformationsschalter der zentrale Anlaufpunkt für alle, sagte mein Interviewpartner Thomas Geissert vorab am Telefon. Er muss es wissen, als Architekt und Fachplaner für Leitsysteme. Ich warte also neben einem mannshohen Hinweisschild am Frankfurter Hauptbahnhof, im Ohr das Hintergrundtosen der fahrenden Züge und die hallenden, dröhnenden Bahnansagen. Aus der vorbeihastenden Menschenmasse lösen sich sekündlich Einzelne, um am Servicepoint zu warten – auf Züge, auf Durchsagen, auf Mitreisende. Ich stehe im Weg. Ich habe keine Ahnung, wie Geissert aussieht. Hier weiter lesen>

[Beitrag für das Deutsche Architektenblatt, 2010]

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Foto: eldelinux_flickr

VOM UMGANG MIT DEM ZWISCHENLAND

Liebe db,

man sollte sich häufiger verfahren. Ohne Ziel und Orientierung erlebt man eine Gegend mit schärferen Sinnen. Man kann auch mit der Metro in die falsche Richtung fahren und es erst merken, wenn sie einen längst aus dem Tunnelschlund ans Tageslicht gespuckt hat. Das wirkt genauso. Wenn ich mich in Spaniens Großstädten verfahre oder verlaufe, gelange ich manchmal in eine Landschaft voll verlorener Details und rauer Brüche. Ein Stück einsame Anarchie, mitten in einer urbanisierten, durchgeplanten Welt. Ich meine nicht die Vorstadt. Ich meine das Land zwischen hoch bebauter Vorstadt und der umgebenden Natur- oder Kulturlandschaft. Dort, wo auf wild wuchernden Brachen Bauschutt, Müll und alte Autos lagern und daneben kleinste Feldparzellen bewirtschaftet werden. Wo vielleicht hundert Salatköpfe wachsen neben kleinen, verfallenen Bauernhäusern. Das Land neben Autobahn und Bahngleisen, das Land der Strommasten und verwilderten Bewässerungsgräben. Eine Schnittmenge von Industrie- und Transitzone, Agrar- und Niemandsland, Stadt und Land – das Zwischenland.

Auch Architekten landen immer häufiger in Spaniens Zwischenland, geografisch, architektonisch und landschaftsgestalterisch. Aber statt es einfach nur aufzuhübschen und ihm eine Urbanisation überzustülpen, suchen die Architekten nach vorhandenen Strukturen und Brüchen. In den letzten Jahren entstanden in Spanien einige Parks, die die unterschiedlichen Landschaftsbilder nicht mehr einander angleichen und harmonisieren, sondern lediglich in Beziehung zueinander setzen, ohne ihre Eigenheiten zu zerstören. Hier weiter lesen>

[Beitrag für die Deutsche Bauzeitung, 2011]

Technicians at Work

EFFIZIENZ STATT HEISSER LUFT

Industrie-, Logistik- und Handelsbauten fressen viel Energie – aber das muss nicht sein.

Das Erreichen von Energieeffizienz im Gewerbebau ist erstens besonders kompliziert und zweitens besonders chancenreich. Kompliziert ist es, weil sich mehr als bei jeder anderen Bauaufgabe die Energietechnik des Gebäudes und diejenige für seine Funktionen miteinander verflechten. Der Bau und die in ihm stattfindenden Prozesse beeinflussen sich wechselseitig. Und gerade darum gibt es hier für den rationellen Energieeinsatz besondere Chancen, das Zusammenspiel zwischen Gebäude und dem Geschehen in seinem Inneren zum Sparen von Energie zu nutzen. Das gilt für den gesamten Weg eines Produkts: von seiner Produktion über das Lagern und Verteilen bis hin zum Verkaufen. Hier weiterlesen>

[Beitrag für das Deutsche Architektenblatt, 2010]

Doctor with Files

WIE EIN KRANKENHAUS ENERGIE SPAREN KANN

Knapp über 2000 Krankenhäuser gibt es in Deutschland. Ca. ein Drittel von ihnen haben Probleme, stabil zu wirtschaften, einige sind sogar von der Insolvenz bedroht. Um Kosten einzusparen, setzen die Betreiber vermehrt auf Energieeffizienz. Allerdings sind nur rund 5 % der Krankenhausausgaben Energiekosten, ein Klacks gegenüber den Personalkosten, die einen Anteil von rund 60-75 % ausmachen. Doch gegenüber anderen Gebäuden für die Industrie oder fürs Wohnen ist das hochtechnisierte Krankenhaus eine Energieschleuder – Grund genug also, Optimierungen auch hier anzusetzen.

Ein Vergleich von Krankenhäusern untereinander ist mühsam. Das betonte auch Werner Jensch, Professor für TGA und Gebäudeautomation in München und Leiter des Kompetenzzentrums für Gebäudemanagement & Betriebsoptimierung bei seinem Vortrag auf dem Kongress Klinikimmobilien im Herbst 2011 [1]: »Bei der Klinikimmobilie sprechen wir in Deutschland immerhin von einem Gesamtvolumen von rund 500 000 Betten in über 2 000 Krankenhäusern unterschiedlichster Größe, Struktur, Ausrichtung und Versorgungsauftrag, von der Universitätsklinik bis zum kleinen Kreiskrankenhaus.« Verschiedene Nutzungen sind hier unter einem Dach: Patientenzimmer, Verwalten, Labore und Lager, Therapieräume und Spezialräume wie Operationssäle, Labore oder Kühlräume. Die Betriebskosten sind laut Jensch bei Krankenhäusern (mit 236 Euro/m² BGF) rund 2,4-fach so hoch wie bei Büros, Industrie- oder Laborbauten (mit ca. 100 Euro/m² BGF). Hier weiterlesen>

[Beitrag für die Deutsche Bauzeitung, 2011]

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GRAUBROT ESSEN MIT ANITA

Im Rendering ist das Bauwerk eine Vision in Grau und Silber. Es schwebt elfengleich zwischen den Bäumen. Es schimmert weichzeichnend zu den Menschensilhouetten. Mit Vielleicht-Beton und viel Glanz-Glas eine Verheißung wie Anita Ekberg im Trevi-Brunnen, sexy, selbstverliebt und einladend. Genauso muss Architektur! Findet die Jury. Eine Utopie, sagt sie, ein fast philosophisches Werk, so avantgardistisch. Das Bauwerk lässt sich bewundern wie die nasse Anita und sagt genauso wenig. Im Rendering bleibt es unkonkret, die Realität vergessend, ein Lockmittel aus Luft-Erdgeschossen, transparenten Bäumen und zarten Menschen, die tiefsinnig ins Nichts starren. In seiner Unbestimmtheit ist es die Projektionsfläche für verschiedene Wünsche und entgleitet jeder Kritik. Genau deshalb gewinnt es bei jedem Betrachter. Und auch den Wettbewerb.

Das Graubrot dahinter ist vielleicht ein Bürokomplex. In schwieriger Lage, mit kleinem Budget und vielen Brandschutzauflagen. Der Entwurf ist eine gute Lösung. Vielleicht sogar die beste. Soweit die Fakten. Aber es geht um Atmosphäre, um Gefühle. Drama, Baby! Ernst Bloch soll gesagt haben: „Die Ware will lackiert sein. Der Käufer mit ihr. So gefällt ihm, was er sich gefallen lässt.“ Wir machen also aus Trockenbrot ein Canapé, mit Weinmousse und Himbeerjus und nennen es Dolce Vita. So wird´s gegessen.

Früher nutzte der Architekt die Serviettenkunst, nicht die gefaltete, sondern die bekritzelte. Ein schwarzer Stift, ein weißes Textil, eine Legende – der perfekte Lack. Heute aus der Mode, was die Restaurantbesitzer freuen dürfte. Dazu kam die perspektivisch-konstruktive Handzeichnung, vielleicht die verbindlichste Darstellung, so ganz ohne Fotofilter. Aber auch hier sorgen viele unbestimmte Linien, Glanzblasen, Grünzeug und Farbüberlagerungen für eine vage Stimmung statt für genaue Details. Alles Atmo, alles Anita.

In ihren digitalen Anfängen entfesselten die Architekten die dunkle Macht mit einer invers gedruckten Perspektive. Boah, all die weißen Linien, die im Schwarz wimmelten. Nicht lesbar, aber so subversiv, so innovativ, so cool. Dann jagten sie den Death by Chocolate übers Graubrot: Das gnadenlos bearbeitete Rendering. Seither wird retuschiert, kaschiert, fabuliert und dramatisiert. Ein Wettrüsten von Graubrot und Süßem bis zum Geschmacks-Overkill. Für China eine rosa Sonnenaufgangsfatamorgana, für die USA ein fotorealistischer Pathos, für Deutschland eine weiß überbelichtete Dolce-Vita-Leichtigkeit.

Renderings sind Traumverkäufer, Entwurfsdurchbringer und Kritikabwehrer. Sie inszenieren eine Vision, die mit dem Baufortschritt ranzt wie ein altes Canapé. Bei Baufertigstellung bleibt nur die fade Stulle: "So massiv, so hoch, so schwer, so realistisch, so alles war die Architektur doch erst gar nicht". Aber nu ist die Anita in den Brunnen gefallen, das Brot gegessen, der Lack ab.

[Beitrag für Der Entwurf, 2017]

Foto: Valeria Petito_flickr

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Foto: Sönke Biehl_flickr

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