Beim Symposium "Yes, we plan!" im Deutschen Architekturmuseum kamen 3. Februar 2018 rund 150 Architektinnen und etwa drei Männer auf Einladung der deutschen Architektinnennetzwerke zusammen, um zu diskutieren, warum Frauen in der Architektur unsichtbar und auf den unteren Karrierestufen sitzen bleiben. Der Status Quo in Europa ist bekannt, aber erschütternd. Obwohl heute rund 50% aller Architekturstudierenden weiblich sind, sind gerade einmal 34% der Planer in der BAK weiblich. Grundsätzlich stellt man fest, europäische Architekten verdienen in vergleichbarer Verantwortung und Arbeitszeit 48% mehr als ihre Kolleginnen. Sie erhalten mehr Reputation durch Architekturauszeichnungen, Lehraufträge, Vorstandsposten und Gremienmitgliedschaften sowie durch die Presse. Frauen arbeiten eher in Teilzeit, nehmen längere Erziehungsauszeiten und erreichen seltener Führungspositionen. Die Frustration im Auditorium war greifbar als die britische-deutsche Architektin Sarah Rivière die Fakten präsentierte. Verschiedene Architektinnen berichteten aus ihren Berufsalltag in Europa. Und als die Architektin Veronika Selig von maximal 14 Wochen Elternzeitanspruch in der Schweiz sprach und dann aufgefordert wurde, doch auch etwas Positives zu nennen, fehlten ihr die Worte. Es ist frustrierend, dass berufliche Perspektiven von einer Arbeitskultur abhängen, die unter dem Diktat der Leidenschaft, der Kreativität und eines ausgeprägten Wettbewerbs alle platt wälzt, die sich auch anderen Verantwortungen jenseits der Architektur stellen möchten oder müssen. Es ist frustrierend, dass berufliche Perspektiven von einem homogenen Arbeitsmodell, nämlich Vollzeit mit Überstunden, abhängen. Es ist frustrierend, wie berufliche Perspektiven von der Frage nach Mutter sein oder nicht abhängen, von unflexiblen Familienbildern und von personell und finanziell unzureichenden Kinderbetreuungen. Es ist auch frustrierend, wie sehr berufliche Perspektiven abhängen von einem althergebrachten, männlich geprägten Habitus und von einer fehlenden Wertschätzung für solche, die es nicht haben, sei es Mann, sei es Frau.
Es gibt keine positive Seite der ungleichen Geschlechterverteilung in der Baubranche. Nicht für Frauen, nicht für Männer. Schon gar nicht für Eltern. Überhaupt, wo stehen die Männer in dieser Diskussion? Wo waren sie beim Symposium, im Auditorium und als Podiumsgäste? Die Gleichberechtigung von Architekten und Architektinnen ist auch ein Männerthema. Denn es geht um die Vielfalt der Lebensstile, eine lebenswerte Arbeitskultur, ein respektvolles Miteinander und letztlich um die Architekturqualität, wie die schwedische Architektin Alexandra Hagen sagte: "Architekten bauen für eine diverse Gesellschaft. Ihre Teams sollten diese Diversität repräsentieren, um die beste Architektur für die Gesellschaft zu erzielen." Und natürlich nannte sie die bekannten Punkte, die Schweden gut macht. Aber sie nannte auch Praktisches aus ihrem Büro, auf das sich Büros hierzulande verständigen könnten, wie u.a. Meetings nur in Kernzeiten, flexible Arbeitszeiten mit Home Office und die Offenlegung aller Gehälter. Das Auditorium lauschte wie Kinder bei der Verlesung eines Weihnachtswunschzettels. Warum aber kommen wir in Deutschland nicht übers Wünschen hinaus? Die Initiativen zeigen großes Engagement. Aber es scheint, als fehle es ihnen an finanziellen und personellen Ressourcen, an politischer Erfahrung, an strategischem Kalkül, an konkreten Forderungen und an einer mächtigen Lobby, um das Thema auf eine Agenda und damit in Gesetze zu schreiben. Es fehlt ein Manifest. Und es fehlen Männer, die den Diskurs mit voran bringen.
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